Vortagsveranstaltung ALPENFOUM Deutschland e. V.
am 20. April 2007 im Steigenberger Hotel, Bad Homburg v.d. H.

"ERNEUERBARE ENERGIE HEUTE UND MORGEN'"

Einführung: Zukunft Erneuerbare Energie
(ungekürzte Fassung)
Ian C. Meerkamp van Embden,
(Erster Vorsitzender ALPENFORUM Deutschland e. V.).

Ich bin dankbar, dass wir für das aktuelle Thema Erneuerbare Energie eine Reihe ausgewiesener Experten gewinnen konnten, die ich sehr herzlich begrüße und im Verlauf dieses Abends noch persönlich vorstellen werde.

Ihnen allen wünsche ich einen interessanten Abend!

Ich freue mich über die heutige Vortragsveranstaltung besonders auch deswegen, weil sich quer durch die Bevölkerung die Erkenntnis durchzusetzen beginnt, dass erneuerbare Energien einen schnell steigenden Anteil an der Energiebereitstellung in Deutschland beitragen müssen, wenn wir die Konsequenzen des Klimawandels und die Abhängigkeit von politisch fragwürdigen Energielieferanten noch einigermaßen abfedern wollen.

Erlauben Sie mir eine kurze Vorbemerkung: Am 25. Februar 2002, also bereits vor über einem halben Jahrzehnt, hatten wir im ALPENFORUM in Bad Homburg zu einer Vortragsveranstaltung zum Thema Klimawandel eingeladen, vor dem Risiko eines ungebremsten Einsatzes fossiler Energieträger gewarnt und eine deutliche Verbesserung der Energieeffizienz angemahnt. Vor einem Jahr haben wir hier im Steigenberger Hotel die Thematik erneut aufgegriffen und die Chancen regenerierbarer Energie andiskutiert. Der heutige Abend ist einer konkreteren Vertiefung dieser Fragestellung gewidmet.

Wer immer noch den brisanten Zusammenhang zwischen der Emission von Kohlendioxid aus fossilen Energieträgern und der bereits eingesetzten Klimaänderung bezweifelt, dem sei die Lektüre des Anfang Februar erschienenen vierten IPCC- Reports empfohlen, jener ebenso schonungslosen wie bedrückenden Analyse des Intergovernmental Panel on Climate Change zur weltweiten Klimaentwicklung und deren ökonomische, ökologische, soziale und gesundheitlichen Folgen.

Aber nicht nur die Klimaänderung hat inzwischen zum Umdenken geführt. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die zunehmend fragwürdige Versorgungssicherheit zur Deckung unseres erforderlichen Energiebedarfs. Damit hat die Option eines verstärkten Einsatzes Erneuerbarer Energie enormen Auftrieb gewonnen. Klimawandel und regenerierbare Energie sind heute politische und wirtschaftliche Schwerpunktthemen, wie die Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, der diesjährige Weltwirtschaftsgipfel in Davos und die Energie- und Klimabeschlüsse der Europäischen Union unmissverständlich signalisiert haben.

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinsichtlich des derzeitigen Einsatzes, und erst recht hinsichtlich des zukünftigen Potenzials Erneuerbarer Energie erhebliche Unsicherheiten bestehen. In der Bevölkerung herrscht außerdem vielfach die Auffassung, man könne als Einzelner ohnehin an der Situation nichts ändern.

Die Fragen lauten:

Zu beiden Fragestellungen möchte ich in gebotener Kürze Stellung beziehen.

I. Energieerzeugung


Primärenergie-Verbrauch Welt und Deutschland

Vergleicht man den Energie-Mix global und speziell für Deutschland, so fällt auf, dass bei uns der Anteil an fossiler Energie höher, der an erneuerbarer Energie jedoch niedriger liegt als im Weltdurchschnitt.
Erneuerbarer Energien tragen zur Zeit weltweit 13, 5%, bei uns in Deutschland rund 5% und im EU-Durchschnitt 6% zur Energiebereitstellung bei.
Diese Diskrepanz liegt hautsächlich an dem höheren Einsatz von pflanzlichen und tierischen Produkte oder von Abfällen aus der Land- und Forstwirtschaft in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese Biomasse dient dort vornehmlich zum Kochen und Heizen und liefert damit weltweit über 60% der erneuerbaren Energie.

Bei Fortschreibung der heutigen Situation wird der Weltenergieverbrauch in 20 Jahren 60% über dem heutigen Stand liegen, und die fossilen Energieträger müssten auch dann immer noch rund 4/5 des globalen Energiebedarfs decken.

Es gibt jedoch ermutigende Länderbeispiele, die zeigen, dass eine Fortschreibung der bisherigen Entwicklung keineswegs zwangsläufig erfolgen muss. Zu solchen Ländern in der EU zählen beispielsweise Schweden oder Österreich. So lieferte Österreich 2003 59 % seines Strombedarfs überwiegend aus Wasserkraft., will aber die Stromerzeugung durch steigende Nutzung der Biomaße bis 2010 auf 78 % erhöhen .
Es ist außerdem nicht auszuschließen, das ein Teil oder möglicherweise sogar der gesamte Umfang der Zuwachsraten an Energieverbrauch durch Maßnahmen der energetischen Effizienzsteigerung und durch Sparmaßnahmen kompensierte werden kann.


Primärenergie aus erneuerbaren Energien in Deutschland

Die Graphik verdeutlicht, dass 2005 rund 70 % der Primärenergiebereitstellung durch erneuerbare Energie aus der Verarbeitung von Biomasse (zur Produktion biogener Brennstoffe für die Wärme- und Stromerzeugung, sowie zur Umwandlung in biogene Kraftstoffe) stammte. Es folgte die Windenergie mit 14,5 %, die Wasserkraft mit 11,8 %, die Solarthermie mit 1,6 %, die Geothermie mit 0,9 % und die Photovoltaik mit 0,5 %.

Die EU - Kommission forderte zunächst eine Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energie von 6 auf 12% bis 2010 . Sie hat diese Zielvorgabe in ihrem am 10. Januar 2007 verabschiedeten Energiepaket auf 20 % bis 2020 erhöht.

Um die Situation in Deutschland möglichst sachlich bewerten zu können, schauen wir uns die spezifische Situation bei den einzelnen Arten regenerierbarer Energie an:


Photovoltaik in Deutschland

Die bis 2005 installierten Solarstrom- und Solarthermie -Anlagen decken bislang nur einen geringen Teil des deutschen Strom- bzw. Wärmebedarfs. Solarenergie hat aber ein enormes Zukunftspotenzial. Als Stromlieferant gilt dies nach Auffassung der Fachleuten allerdings überwiegend in südlichen Ländern wie beispielsweise in Nordafrika. Bei uns hemmt die vergleichsweise geringere Sonneneinstrahlung den Ausbau. Problematisch erscheint die vorerst noch fehlende Entwicklung adäquater Möglichkeiten zur Speicherung des Stroms in großtechnischem Umfang. Hinzu kommt, dass der aus südlichen Ländern zu importierende Solarstrom über weite Strecken verlustfrei transportiert werden muss, was technisch den Einsatz von Gleichstrom erfordert.. Es kommt noch hinzu, dass inzwischen offenbar auch gewisse Engpässe bei der Nachlieferung von Silizium-Solarchips zur Herstellung von Polysilizium und den Silizium - Wafers auftreten.


Photovoltaik in Deutschland

In den nächsten 10 bis 15 Jahren wird in Deutschland mit einer Erhöhung des Photovoltaik-Beitrages auf etwa 1,5 - 2,0 % des deutschen Stromverbrauchs gerechnet.

In Südspanien wird ein im Bau befindliches Solarkraftwerk demnächst genug Strom für 200 000 Menschen liefern.
Die JUWI Mainz hat in Brandis bei Leipzig den Bau einer leistungsfähigen Photovoltaik-Anlage in Angriff genommen. Auf einem stillgelegten Flugplatz soll bis 2009 ein 40 Megawatt-Solarstrom-Kraftwerk entstehen. Die derzeit größte Photovoltaik-Anlage der Welt bringt es gerade mal auf 12 Megawatt Leistung.

Die deutsche Solartechnologie hat inzwischen eine internationale Spitzenposition erreicht und stärkt damit unsere internationalen Exportchancen. Jede dritte Solarzelle weltweit stammt heute aus Deutschland.


Windenergie in Deutschland

Die Windenergie trug 2006 bereits 5,7% zur Deckung des deutschen Stromverbrauchs bei.
Ebenso wie in der Solarenergie hat auch die deutsche Windenergie-Technik in vergleichsweise kurzer Zeit eine technologische Spitzenposition erreicht, nicht zuletzt begünstigt durch staatliche Förderung und Stromsubventionierung.
Über ein Drittel des weltweit erzeugten Stroms aus Windkraft stammt aus Deutschland und jede zweite Windturbine weltweit wird in Deutschland hergestellt.

Windgünstige Standorte an Land sind inzwischen allerdings vielfach bereits belegt. Auch landschafts- und naturschutzrechtliche Überlegungen begrenzen die Installation an Land, so dass ein stärkerer Ausbau über die bereits installierten 20 000 Windturbinen auf deutschem Boden nicht wahrscheinlich erscheint.
Dennoch wird mit einer erheblichen Steigerung des Stromangebots aus Windturbinen an Land gerechnet. Ermöglicht werden soll dies durch ein sogenanntes "Repowering", also den Ersatz der vergleichsweise leistungsschwachen Windturbinen der ersten Generation durch leistungsstarke neue Turbin - Konstruktionen am jeweils gleich Standort.


Windenergie in Deutschland

Expansionspotenzial besteht offshore, wo inzwischen schon eine ganz Reihe Genehmigungsverfahren laufen. Die technischen Anforderungen an eine feste Verankerung auf See sind allerdings erheblich. Vor der dänischen Insel Loland produzieren die ersten offshore Windturbinen bereits 170 Megawatt Strom.
Vor Rostock entsteht derzeit die erste deutsche, 125 m hohe Offshore- -Pilotanlage für den geplanten deutschen Windpark in der Ostsee.
Konservative Schätzungen gehen bis 2020 von einer Windenergieleistung in Deutschland von 110 TWh pro Jahr aus, was rund 20 % der deutschen Stromproduktion entsprechen würde.


Biomasse in Deutschland

Unter Biomasse verstehen wir organisches, kohlenstoffhaltiges Material pflanzlichen oder tierische Ursprungs, sowie organische Abfälle aller Art aus Haushalt, Gewerbe und Industrie.
Durch Gärung von Zucker, Stärke oder cellulosehaltige Pflanzen erhält man Bioethanol, durch Extraktion aus Ölpflanzen Biodiesel und durch Umwandlung von Biomasse in Synthesegas, Weiterverarbeitung zu Biogas oder anschließende Fischer- Tropsch- Synthese zu BTL-(Biogas to Liquid)- Kraftstoffen.


Biomasse in Deutschland

Rund die Hälfte der Biomasse besteht aus Holz und dient der Wärme- oder Stromerzeugung Die Nutzung von Biomasse nimmt in ganz Europa und auch weltweit rasant zu. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Energieproduktion aus Biomasse in Deutschland alle 5Jahre jeweils etwa verdreifacht.

Die hierfür zuständigen Bioenergie- und Agrar- Fachverbandsgremien gehen davon aus, dass bis 2020 folgende Beiträge zur Primärenergieerzeugung durch Biomasse gedeckt werden können:

Die EU beziffert den Anteil an Bioenergie bis 2030 sogar auf 25% des Treibstoffbedarfs, zumal ab 01. Januar 2007 gemäß EU-Richtlinie dem herkömmlichen Treibstoff 5,75 und einige Jahre später 8 % Biosprit zugesetzt werden muss.


Biomasse-Anlagen in Deutschland 2006

Inzwischen gibt es in Deutschland bereits über 1100 Biomasse-Heizkraftwerke und 3500 Biogas-Anlagen, und 70 000 Holzpellet-Anlagen.
In Schweden, wo die Energiegewinnung aus Holz stark gefördert worden ist, wurden 2006 rund 1,4 Millionen Tonnen Holzpellets verbraucht. Bis 2020 will Schweden durch weitere Intensivierung des Holzeinsatzes und durch Ausbau der Geothermie gänzlich auf Erdöl verzichten.

Großtechnische Anlagen für Biodiesel oder BTL-Treibstoff sind bereits in Betrieb genommen worden oder werden in Kürze in Betrieb gehen, so z. B. bei der Shell-Tochter Choren in Freiberg.

Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass der Hauptanteil des Beitrages erneuerbarer Energien auch in den nächsten Jahren von der Verwertung der Biomaße ausgehen wird.

Allerdings sei daran erinnert, dass dem Ausbau der Biomasse zur Energiegewinnung natürliche und rechtliche Grenzen gesetzt sind, insbesondere

Setzt die Biomasse-Verwertung beispielsweise verstärkt auf die Nutzung von Nahrungsmittelgrundstoffen, wie etwa auf die Biokraftstoffproduktion aus Mais kann dies zu unerwünschten Preiserhöhungen bei solchen Grundprodukten auf dem Weltmarkt führen. Maisfladen in Mexiko beispielsweise werden dann für die Bevölkerung unbezahlbar. Ein solcher "Tortilla-Effekt" muss im Interesse einer energetischen Biomassennutzung unter allen Umständen vermieden werden.

Schließlich sollten im Interesse einer objektiven Energiebilanzierung verstärkt Ökobilanzen bei der Gewinnung von Bioenergie erarbeitet werden, um den tatsächlichen Energiebedarf bei der Bioenergie- Rohstofferzeugung, also den Einsatz von Düngemitteln, Pflanzenschutz oder Transport in der Netto-Energiebilanzierung zu berücksichtigen.

Auf die Hydro-Energie, also der Energiegewinnung durch Wasserkraft, soll hier nicht näher eingegangen werden. . Wasserkraft ist seit vielen Jahren ein etablierter, regenerierbarer Energieträger und trägt in Deutschland etwa 4,2 % zur Stromerzeugung bei. Die Möglichkeiten eines Ausbaus sind von der Verfügbarkeit geeigneter Standorte her in Deutschland weitgehend ausgeschöpft.


Geysir, NP Yellow Stone, USA

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit statt dessen auf eine erneuerbare Energieform lenken, die in der Öffentlichkeit bislang so gut wie gar nicht oder allenfalls höchst unzureichend wahrgenommen wird.
Es handelt sich um die Geothermie, also die Gewinnung von Energie aus der Erdwärme. Sie ist die Form erneuerbarer Energie mit dem größten Potenzial. Der in den obersten 3000 m der Erdkruste vorhandene Wärmeinhalt würde rein rechnerisch ausreichen, um den Primärenergiebedarf der gesamten Menschheit für 100 000 Jahre oder mehr zu sichern.
Auf Grund des Wärmegradienten erhöht sich die Temperatur im Erdinnern alle 100 m um rund 3°C.
99 % unseres Planeten ist heißer als 1000°C.

Woher stammt diese ungeheure Energiemenge?
Zu 30% aus der Umwandlung von kinetischer Energie unseres Planeten in Restwärme, und zu rund 70 % aus dem kontinuierlichen Zerfall radioaktiver Isotope, namentlich Uran 235 und 238, Thorium 232 und Kalium 40.
Noch steht die Nutzung der Geothermie am Anfang. Verbreitet und schnell wachsend ist inzwischen die oberflächennahe Anwendung bei der Ausstattung von Niedrigenergiehäusern und neuerdings auch Passivhäusern.

Exemplarisch wird in Deutschland auch schon die Wärmeenergie heißwasserhaltiger Gesteinsschichten in hydrothermalen, geothermischen Kraftwerken genutzt, so beispielsweise im Kraftwerk Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern, oder auch im neuen, geothermischen Kraftwerk im oberbayrischen Erding
Siemens hat die Planung für ein 5 Megawatt hydrothermalen Geothermie - Kraftwerk in Offenbach eingeleitet, welches 20.000 Haushalte mit Strom versorgen soll.
Die Anlage wird bei 150 °C einen Stromgenerator mit Hilfe eines Wasserdampf-Ammoniak - Verdampfers antreiben.
Die ENRO Essen plant den Bau des ersten, petrothermalen geothermischen Projekts mit 25 MW el Leistung im brandenburgischen Tinowfurt. Die Anlage soll nach dem Hot Fractured Rock -Verfahren in 5000 m Tiefe operieren und schon ab Ende 2007 in Betrieb gehen.
Die deutsche Industrie hat inzwischen in die Planung und den Bau von Geothermie - Kraftwerken bereits 4 Milliarden € investiert. Insgesamt befinden sich über 100 geothermische Projekte in der Planungsphase oder im Bau.
950 000 Gebäude werden bei uns bereits geothermisch beheizt, darunter auch das Berliner Parlamentsgebäude, und allein 2006 sind annähernd 20 000 neue geothermische Anlagen dazugekommen.

Die Geothermie gehört zu den wenigen erneuerbaren Energien, die grundlastfähig sind. Noch ist ihr Beitrag zur Primärenergieerzeugung in Deutschland klein. Aber das könnte sich relativ schnell ändern, wie das Beispiel Schweden zeigt, wo durch konsequente Öffentlichkeitsarbeit die geochemische Stromerzeugung bereits 36 000 TJ erreicht hat.

Wir haben auch hier die einmalige Chance, auf diesem Gebiet der neuen Energietechnik in Deutschland eine internationale Spitzenposition zu erreichen, ähnlich wie bereits bei der Solartechnologie, der Bio-Energie und der Windkrafttechnik.

Auch die Bundesregierung hat diese Entwicklung erkannt und mit Beschluss vom 08. Januar 2007 ein erhöhtes Marktanreizprogramm zur Förderung von Solarkollektoren, Biomassekesseln oder Geothermie- Anlagen verabschiedet.

Als kurze Zwischenbilanz bleibt festzustellen:
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft VDEW stellt in seinem Ende Januar 2007 veröffentlichten Bericht fest, dass Wind, Wasser, Sonne, Bioenergie und Erdwärme 2006 zusammen mehr als 73 Milliarden Kilowattstunden und damit bereits 12 % des deutschen Stromverbrauchs abgedeckt haben. Allein der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr überstieg damit die Jahresproduktion des Kernkraftwerks Brunsbüttel.

Hier spielt sich bei der Nutzung regenerativer Energie - nach außen kaum erkennbar - eine Art stille technologische Revolution ab.

Ein entscheidender Aspekt darf nicht unerwähnt bleiben, nämlich die durch diese Entwicklung verbesserte Arbeitsmarktlage.
2006 betrug die Zahl der Beschäftigten im Bereich regenerative Energie in Deutschland rund 170 000. Geschätzt wird, dass sich diese Zahl der Arbeitsplätze bis 2020 verdoppelt haben wird.

II. Energieeffizienz

Ebenso wichtig wie die gesicherte Deckung des Energiebedarfs ist die Vermeidung eines überflüssigen Energieeinsatzes. Viele sind immer noch der Meinung, man könne da als Einzelner ohnehin nicht viel ausrichten. Diese Auffassung ist ganz und gar unzutreffend. Prüft man den tatsächlichen Sachverhalt etwas genauer, stellt man sehr schnell fest, dass der private Energiekonsument sogar einen ganz erheblichen Einfluss darauf hat.
Ich möchte dies an der Situation im privaten Haushalt kurz erläutern.

1. Stand-by


Standby

Unter Stand-by ist die betriebsbereite Einschaltung eines elektrischen Geräts zu verstehen, ohne dass dieses Gerät tatsächlich benutzt wird. Manche Apparate haben diese in der Regel überflüssige Schaltung sogar zwangsweise eingebaut. Der damit verbundene Stromverlust beziffert sich in privaten deutschen Haushalten auf rund 20 TWh pro Jahr. Das entspricht 15 % des gesamten Stromverbrauchs aller deutschen Haushalte.
Um eine Vorstellung davon zu gewinnen, was das konkret bedeutet, nehmen wir als Vergleich die Stromerzeugung des größten deutschen Braunkohle Stromproduzenten, dem Großkraftwerk Wenningerrode. Die Jahresleistung dieser Anlage reicht nicht aus, um den durch Stand-by verursachten Stromverlust in deutschen Haushalten abzudecken.
Außerdem kostet dieser Luxus den Bundesbürger jährlich rund 50 €, Tendenz steigend.

Nimmt man jetzt noch die entsprechenden Verluste in der Industrie, im Gewerbe und in der Dienstleistung dazu, kann man diesen Betrag glatt verdoppeln
Nach Einschätzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ließe sich diese Verschwendung mühelos halbieren, ohne die geringste Einschränkung in Kauf nehmen zu müssen. Stand-by sollte auch ohne Verbotsregelungen out sein.
Im Zweifelsfall: wäre zu empfehlen: Schlicht den Stecker rausziehen aus der Anlage ziehen, wenn sie sich nicht in Betrieb befindet!

2. Beleuchtung


Beleuchtung

Die zweite Effizienzchance hat es inzwischen bereits in die Nachrichten der Tagesschau gebracht: Die Glühlampe erstrahlt im Rampenlicht öffentlicher Aufmerksamkeit!
Tatsächlich verbrauchen wir für unser Licht 14 - 19 % des Stromverbrauchs der privaten deutschen Haushalte und damit noch mehr als bei den Verlusten. durch Standby. Ähnliches gilt erst recht für den enormen Beleuchtungsaufwand im gesamten Bereich von Handel, Industrie, Verkehr, oder Infrastruktur

Welche praktische Bedeutung dies hat, verdeutlicht folgendes Beispiel: Wenn alle Haushalte in den Vereinigten Staaten eine 100 Watt Glühbirne durch eine Energie-Sparlampe ersetzen würden, könnte so viel Treibhausgas eingespart werden, wie 1,5 Millionen Autos im Jahr ausstoßen.
Nach Auffassung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist die Anschaffung von Energiesparlampen längerfristig rentabler als jedes Investment auf dem Kapitalmarkt.


Sparlampen : Bewertungskriterien

Obwohl sich die technische Leistungsfähigkeit von Sparlampen enorm verbessert hat, wird von dieser sinnvollen Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht, möglicherweise auch, weil der Verbraucher vor dem höheren Preis solcher Lampen zurückschreckt.
Nur ein fünftel aller Haushalte in Deutschland hat wenigstens eine Sparlampe pro Haushalt im Einsatz.


Sparlampen: Einsatz in Deutschland

Eine überschlägige Rechnung zeigt, dass durch den verstärkten Einsatz von Energie-Sparlampen allein in deutschen Haushalten mit rund 70 TWh mühelos ein Drittel des Stromverbrauchs bei der Beleuchtung entfallen würde.

Die jährliche Ersparnis von mindestens 70 - € im 4- Personen- Haushalt wäre nicht nur gut für den eigenen Geldbeutel, sondern würde auch deutlich zur Entlastung des Energiebedarfs beitragen.

3. Elektrogeräte im Haushalt

Eine weitere, weitgehend unausgeschöpfte Möglichkeit der Einflussnahme steht dem privaten Konsumenten beim Einkauf von Elektrohaushaltsgeräten zur Verfügung.
Fernseher, Computer, Media- Player, Kühlschränke Bügeleisen, Staubsauger oder elektrische Küchengeräte aller Art unterscheiden sich je nach Fabrikat zum Teil erheblich in ihrem Strombedarf, dessen Einsparpotenzial von der Energie-Agentur durch Anschluss stromsparender Geräte auf jährlich mindestens 60,-€ pro Haushalt beziffert wird.
Durch Vergleich der Geräteleistungen und entsprechenden gezielten Einkauf verfügen wir als Konsumenten über ein beträchtliches Maß an Kontroll- und Stromsparmöglichkeit.
Empfohlen sei beispielsweise vor Ankauf eines Neugeräts den Überblick über sparsame Haushaltsgeräte, herausgegeben von der Energieagentur NRW unter www.ea-nrw.de im Internet. zu konsultieren.

4. Heizung und Kühlung im Haus


Raumwärme und Energiebedarf in Deutschland

Das bei weitem wichtigste Potenzial einer sinnvollen Begrenzung des Strombedarfs in deutschen Haushalten betrifft den Energieeinsatz zur Heizung und auch zur Kühlung der Wohnung .
Der Raumwärmebedarf im deutschen Wohnungsbestand variiert zwischen 75 und 475 KWh/m²a je nach Isolierung und technischer Ausstattung.
der Mittelwert liegt bei 225 KWh/m²a.
Nur 5 % der deutschen Haushalte verbrauchen derzeit weniger als 70 KWh/m²a.
Ein Passivhaus benötigt nur 10 - 13 KWh/m²a. Die damit verbundenen Rest-Energiekosten liegen bei 1 -2 -€ pro m² und Jahr.

Von dem gemäß Energieeinsparverordnung geforderten Raumwärmebedarf von 70 KWh/m²a sind wir also noch weit entfernt, von der Ausstattung in Passivhausbauweise einmal ganz zu schweigen.

Da 30 % des Primärenergiebedarfs in Deutschland auf den privaten Haushaltssektor entfällt und hiervon der größte Teil in Form von Raumwärme, liegt in diesem Bereich ein enormes Energiesparpotenzial brach. Kritische Schwachpunkte sind vor allem die Isolierung des Dachs, der Fenster und Türen, der Kellerbereich oder die technische Ausstattung der Heizungsanlage.
Wenn wir dazu übergehen würden, beim Neubau oder bei der Altbausanierung den Passivhausstandard anzustreben, könnte rechnerisch bis zu einem Fünftel des deutschen Endenergiebedarfs entfallen.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden inzwischen über 6000 Passivhäuser gebaut.
Neueste Beispiele in Frankfurt sind die Passivhausanlage "Sophienhof", der 19 Passivhauswohnungen umfassende Komplex "Wohnen bei St. Jakob" und die Passivhaussiedlung in Riedberg mit 55 Passivhaus-Reihenhäusern.
Unsere Nachbarn in Österreich gehen davon aus, dass dort bis 2010 bereits jeder vierte Neubau ein Passivhaus sein wird.
Bemerkenswert ist der Beschluss der Landesregierung Vorarlberg in Österreich, dass öffentlich geförderte Wohnungsbaugesellschaften ab 01. Januar 2007 nur noch Baugenehmigungen erhalten, wenn der betreffende Neubau in Passivhausbauweise erstellt wird.
Hier sollte ein Schwerpunkt unseres zukünftigen Handelns liegen. Es geht keineswegs nur um erzielbare Kostenersparnis oder die verminderte Kohlendioxid- Emission, sondern ebenso um eine stärkere Unabhängigkeit von der Lieferung fossiler Energieträger.

Wir sollten außerdem daran denken, dass wir im Zuge des Klimawandels mit heißeren Sommern rechnen müssen. Damit wird auch der Bedarf für elektrische Klimaanlagen steigen. Aber auch diese Notwendigkeit entfällt bei Passivhausbauweise, da bei dieser Bautechnik systemimmanent nicht nur eine Heizung im Winter, sondern ebenso eine Kühlung im Sommer möglich ist. Der erforderliche Reststrombedarf bleibt dabei gleichbleibend niedrig.

Meine verehrten Damen und Herren,

Exemplarisch für die Entwicklung der erneuerbaren Energie ist ihr Beitrag der zum Stromverbrauch in Deutschland für 2006 und der prognostizierte Beitrag für 2020 nachfolgend tabellarisch dargestellt.


Beitrag der erneuerbaren Energie zur Stromerzeugung in Deutschland

Die Bundes- und Fachbranchen gehen demnach von einer Erhöhung des Beitrags zur Stromerzeugung durch erneuerbare Energie auf 30 - 35 % bis 2020 und damit einer knappen Verdreifachung des heutigen Leistungsbeitrags aus.

Zusammenfassend komme ich zu folgender Bewertung :

1. Jeder Einzelne kann einen signifikanten Beitrag zur Entlastung des Energiebedarfs leisten. Das damit verbundene Sparpotenzial wird von der deutschen Energie-Agentur auf insgesamt jährlich rund 2.200,-€ pro 4-Personen Haushalt in Deutschland beziffert, und zwar ohne Verlust an Lebensqualität für den Einzelnen.

2. Die Europäische Kommission hat als Zielvorgabe für die Energieerzeugung in den EU-Staaten einen Anteil von 20 % erneuerbarer Energie bis 2020 verabschiedet.

und

3. Die von uns aktuell befragten Bundes- und Fachgremien projektieren für 2020 einen Beitrag von oberhalb 30 % der deutschen Stromerzeugung durch erneuerbare Energie. Die Frage, wie der erforderliche Energiemix in den nächsten Jahren zusammengesetzt sein wird, hängt stark davon ab, ob dieser Beitrag bis 2020 tatsächlich erreicht werden kann.
Unbeschadet hiervon ist festzustellen, dass sich die deutsche Wirtschaft im Bereich der erneuerbaren Energie global eine technische Spitzenposition erarbeitet hat.
Die damit wirtschaftlich und ökologisch optimale gebotene Chance sollten wir nutzen, wenn wir den erkennbaren Konsequenzen des Klimawandels und einer zunehmenden Abhängigkeit von politisch fragwürdigen Energielieferanten glaubwürdig entgegen treten wollen,
Ich bin zuversichtlich, dass dies der Fall sein wird.

Ich danke Ihnen!